Profile der 1970er Jahre

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Attentat von München 1972 - Seite 3 und Literatur

Man kann den Terrorismus somit in zwei Kategorien einteilen: den Agitationsterrorismus, der zur Zerstörung oder Destabilisierung eines bestehenden Systems führen soll, was auch die Gründung eines Staates im Staat beinhalten kann, und den Terrorismus "von oben", der ein schon bestehendes Machtverhältnis sichern soll. Dieser staatlich finanzierte Terrorismus wurde jedoch vor allem ein Jahrzehnt später, in den 1980er Jahren, aktuell. Die finanzielle, logistische und taktische Unterstützung der Länder hob den Terrorismus auf ein bis dahin unerreichbares Niveau.

Das Ende der 1960er / Anfang der 1970er aufkommende terroristische Mittel der Flugzeugentführungen vereinte die neuen Möglichkeiten der Massenbeförderung mit den Errungenschaften des Zeitalters der Massenmedien. Denn vor allem aufgrund ihrer Medienwirksamkeit wurden die Flugzeugentführungen zu einem häufig genutzten terroristischen Mittel. Noch zu Beginn der 1960er Jahre waren die meisten Flugzeugentführungen individuelle Versuche, von einem Land in ein anderes zu entkommen. In dieser Zeit versuchten beispielsweise zahlreiche Personen, Flüge innerhalb der Vereinigten Staaten nach Kuba umzulenken oder auf diese Weise einen Fluchtversuch aus der Sowjetunion zu unternehmen. Ab Ende der 1960er wurden jedoch bei den Flugzeugentführungen Geiseln genommen um damit die jeweiligen Regierungen zu zwingen politische Forderungen der Geiselnehmer oder die ihrer staatlichen Sponsoren zu erfüllen. Etwa die Hälfte der insgesamt 822 Flugzeugentführungen von 1931 bis 1990 fanden zwischen 1968 und 1977 statt. Man kann die 1970er Jahre somit als das "Jahrzehnt der Flugzeugentführungen" bezeichnen. Nach 1977 ging die Anzahl der Entführungen langsam zurück. Dies hing vor allem damit zusammen, dass die Regierungen auf die Forderungen der Entführer nicht mehr eingingen und zumeist gleich die Maschine stürmen ließen (von deutscher Seite beispielsweise durch die Spezialeinheit GSG 9). Es bestand stets die berechtigte Furcht, bei Verhandlungen die Terroristen zu einem, legalen politischen Verhandlungspartner zu machen und sie somit in ihrem Handeln zu bestätigen. Auch wurden die Sicherheitsvorkehrungen im Flugverkehr allgemein massiv verstärkt, die besonders betroffene israelische Airline El Al ließ in München sogar eine separate Abflugshalle bauen und übernahm von da an die Sicherheitskontrollen selbst.

Diese Art von Terrorismus ist eine Strategie des "asymmetrischen Krieges", welche sich gegen einen stärkeren Gegner wendet, und versucht diesen an seinen schwächsten Stellen den größten Schaden zuzufügen. Die terroristischen Aktionen sind zwar auch gegen Infrastrukturen oder Informationssysteme gerichtet vor allem aber sollen sie das öffentliche Bewusstsein treffen. Dies geschieht durch die Bekanntmachung über die Medien. Der Terroranschlag ist die Kommunikationsstrategie der Terroristen. Die Bilder sind wirkungsvollere Waffen als die Bomben selbst. Im Zeitalter der Massenmedien wird der Terrorismus quasi zu einer Form "bewaffneter Propaganda". Terror wird zur Kommunikationsstrategie. Der Beginn dieser sich heute noch beschleunigenden Entwicklung ist in den Ereignissen der 1970er Jahre angelegt.

Literatur

  • M. Dahlke, Der Anschlag auf Olympia ´72, München 2006.
  • J. Cooley, Green March. Black September, London 1973.
  • C. Dobson, Black September, London 1974.
  • K. Hirschmann, Terrorismus, Hamburg 2003.
  • W. Winkler, Die Geschichte der RAF, Berlin 2007.

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