Profile der 1970er Jahre

Ein Themenportal des Seminars für Zeitgeschichte Tübingen

Jahrzehnt des historischen Widerspruchs

"Die Grenzen des Wachstums" - Der Bericht an den Club of Rome 1972

Caroline Merkel

Ein Thema, das die BILD-Zeitung auf ihre Titelseite setzt, ist im gesellschaftlichen Bewusstsein angekommen. Im Zusammenhang mit dem Weltklimagipfel auf Bali forderte sie 2007 deutschlandweit "Licht aus!" als Zeichen gegen den Klimawandel. Energiesparen und das sich verändernde Klima als globales Problem, das sind heute mehr denn je präsente Themen der Tagesnachrichten. Solche globalen Umweltprobleme, deren nötige Bekämpfung heute (fast) weltweit Konsens ist, schafften es vor 35 Jahren bereits einmal in die Schlagzeilen. Damals, 1972, machte der Club of Rome erstmals auf die Konsequenzen des zunehmenden Ressourcenverbrauchs und vor allem auf die globale Dimension der daraus folgenden Probleme aufmerksam - der Beginn eines globalen Umweltbewusstseins?

"Wir sind überzeugt, daß eine klare Vorstellung über die quantitativen Grenzen unseres Lebensraums und die tragischen Konsequenzen eines Überschießens seiner Belastbarkeit dafür wesentlich ist, neue Denkgewohnheiten zu entwickeln, die zu einer grundsätzlichen Änderung menschlichen Verhaltens und damit auch der Gesamtstruktur der gegenwärtigen Gesellschaft führen." (Meadows 1972: S. 170). Der Club of Rome war 1972 zuversichtlich, was die Wirkung seines Berichts "Die Grenzen des Wachstums" anging. Mit drohenden Zukunftsszenarien sollte auf die Wechselwirkung herrschender Faktoren für die weitere globale Entwicklung aufmerksam gemacht und eine grundsätzliche Änderung der Wert- und Zielvorstellungen angestoßen werden. Um Klimakatastrophen, Hungersnöte, Überbevölkerung und Ressourcenknappheit abzuwenden, bedurfte es einer neuen, globalen Vorgehensweise, vor allem aber eines unmittelbaren Wachstumstopps.

Die Rezeption des ersten Berichts für den Club of Rome, der 1970 unter dem Titel "The Limit of Growth" erschien, war enorm. Ein Blick in die Presse und populärwissenschaftlichen Publikationen der frühen Siebziger, wie Kai Hünemörder (Hünemörder 2004) ihn getan hat, zeigt, dass man sich auch in der BRD intensiv mit den "Grenzen des Wachstums" auseinandersetzte. Was waren die Gründe und die Folgen dieses publizistischen Erfolgs? Wie ist er zeit- und umweltgeschichtlich einzuordnen? Trug er tatsächlich dazu bei "neue Denkgewohnheiten zu entwickeln", wie sich seine Auftraggeber es gewünscht hatten? Etablierte sich mit dem "Limit of Growth" das Umweltbewusstsein, das die späten 1970er und vor allem die 1980er Jahre mit ihren "Ökos" und Anti-AKW-Demonstrationen prägen sollte?

Der Club of Rome und das MIT

Der Club of Rome, Auftraggeber des Berichts, war 1968 von den Initiatoren Peccei, Olivetti und King gegründet worden. Er sah sich selbst als "an informal, multinational, non political group of scientists, economists, planners, educators and business leaders". Aus heutiger Sicht kann man ihn auch, wie Patrick Kupper (Kupper 2004), als einen hochelitären, männerdominierten Zirkel beschreiben, der sich selbst als Avantgarde verstand. Der Club of Rome wurde ins Leben gerufen in der Wahrnehmung der Welt an einem Wendepunkt und der "missliche[n] Lage der Menschheit". Diese erfordere, dass man Einzelprobleme nicht länger isoliert betrachte, sondern als Teile einer größeren "Weltproblematik" (im englischen Original "the problématique") verstehe. Der Club of Rome machte es sich zur Aufgabe, dieses Verständnis für eine globale Weltproblematik zu fördern, auf die Gefahren aufmerksam zu machen und Öffentlichkeit wie Entscheidungsträger mit deren Folgen zu konfrontieren. 1969 begann das erste Projekt "The Predicament of Mankind", mit dem zunächst der türkische Ökonom und Zukunftsforscher Hasan Osbekhan betraut wurde. Nachdem sein Konzept den Wünschen nach einem einfacheren und schnelleren Ansatz nicht nachkommen konnte, übernahm Jay W. Forrester vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die Projektleitung erhielt sein Schüler Dennis Meadows. Der Schlussbericht "The Limits of Growth" erschien bereits im März 1970 und zeichnete sich durch seine Kürze, Prägnanz und Ergebnisorientierung aus.

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